Die schönste Wanderung der Marquesas
Die Wellen rollen in unsere Ankerbucht. Die Jonny rollt von einer Seite auf die andere. Wellen klatschen unter unser Heck. Am Anker brauchen wir Rutschdecken und müssen uns immer wieder festhalten. Es ist nicht gerade angenehm. Für mich steht fest – ich muss entweder an Land oder aus dieser Bucht. Regen zieht über die Insel hinweg. Am Nachmittag haben wir uns zum Grillen verabredet. Bleibt Option 1. Am Horizont scheint sich der Himmel aufzuklaren. Jonas und ich packen unsere Sachen. Ich bin genervt und krieg mich erst wieder ein, als wir festen Boden unter den Füßen haben. Das erste Mal seit Monaten knote ich meine Wanderschuhe zu. Die letzten Wanderung haben wir nur noch mit Turnschuhen gemacht. Häufig sind die beschriebenen Touren doch eher Spaziergänge. Doch heute werde ich froh sein, auf die hochgeschlossenen Bergschuhe gesetzt zu haben.
Über den steinigen Strand geht es an die Westseite der Bucht, an der Kirche vorbei und über die Straße aus dem Dorf hinauf. Die Straße geht bereits mit ordentlicher Steigung den Hang hinauf. Die Sonne hat uns schlussendlich erreicht und brennt erbarmungslos auf uns herab. Ich fürchte mich bereits nach dem ersten Kilometer zu wenig Wasser eingepackt zu haben, mir einen Sonnenbrand zu holen und nicht am Ziel anzukommen. Als Jonas mir erklärt, dass wir bereits 1 km geschafft haben, muss ich schlucken. Fehlen noch 11. Aber was solls, ich wollte es so! Weiter geht’s. Bald erreichen wir den Einstieg in der Forstweg. Die Häuser werden weniger. Die Natur wird dichter. Immergrüne Gewächse und Bäume säumen den Weg und dann erreichen wir eine Lichtung mit einem kleinen Staudamm. Die Wasserversorgung der Insel. Wir haben den Einstieg erreicht.
Jetzt geht es in einem kleinen Wanderweg durchs Unterholz. Der Weg geht durch Büsche, unter und über gefallene Baumstämme, und doch ist er immer gut zu erkennen. Lediglich einmal sind wir uns nicht sicher, wie es weiter geht, finden aber den Weg schnell wieder. Die steil aufragenden Gipfel sind im Dickicht verschollen. Wir genießen die Natur, das dichte Grüne als Kontrast zur steinigen Küste und zum blau des Meeres. Die Gerüche sind blumig und waldig. Intensiv rieche ich die Regenfälle des Morgens. Der Regenwald ist abwechslungsreich. Farne; Palmen, exotische Bäume, deren Namen wir nicht kennen. Ein Fluss kreuzt mehrmals unseren Weg und die Steigung nimmt stätig zu. Gerade als wir den Aufstieg zum Sattel entlang einer Klamm beginnen, kommt der Regen zurück. Dicke Tropfen prasseln auf das Geäst über uns und schließlich auf uns. Wind zieht auf. Der Weg wird schnell rutschig und mehrmals zieht es uns den Boden unter den Füßen weg. Der Weg wird noch steiler. Mittlerweile kann ich problemlos mit meinen Händen in das Farn greifen, um mich hochzuziehen. Fest ist es im Boden verankert und gibt mir Halt. Die Steigung liegt wohl mittlerweile bei 50-100%. Alle paar Schritte mache ich eine Pause, um zu Atmen. Meine Kondition war wohl nie besonders gut, aber der Pazifik ist definitiv bemerkbar. Doch das Ende ist in Sicht. Immer weniger Bäume umgeben uns und wir können unser Ziel sehen. Die hochragenden Felsengipfel sind bereits zu erahnen und der Sattel in Sicht. Meine Motivation ist zurück und schnell wandere ich Jonas hinterher, der bereits um die Ecke gebogen ist. Ich höre seine Freudenlaute. Meine Neugierde ist unendlich und ich stolpere die letzten Meter den Berg hinauf. Wow! Damit habe ich nicht gerechnet – Majestätisch ragen die Berggipfel aus dem intensivgrünen Wald heraus. Unsere Blicke wandern über die uns umgebenden Täler. In der Ferne sehen wir das Meer. Minutenlang stehen wir gebannt da und können die Schönheit der Natur kaum fassen. Doch dann sehen wir die schwarzen Wolken ins Tal ziehen und beschließen uns an den Abstieg zu machen. Der Weg geht genauso steil hinab, wie er hinauf gegangen ist. Schon bald setzt der Regen ein und wir schlittern und stolpern den Berg hinab. Jonas entwickelt ganz neue Fallmethoden, um Rucksack und Hose matschfrei zu halten. Ich sehe anhand seiner Spuren, wo ich besonders vorsichtig sein muss und komme unbeschadet an. Der Weg führt erneut durch schöne Täler, mehrmals über einen Fluss, den wir bereits vom Vortag kennen und schlussendlich erreichen wir wieder die Straße und Zivilisation und müssen enttäuscht feststellen – der Supermarkt hat geschlossen.
Unseren Triumph können wir also erst zurück an Bord bei einer kalten Cola begießen.
Wahrlich bisher unsere schönste Wanderung der Reise!









