Der Wettlauf beginnt
Unsere Überfahrt zum nächsten Atoll steht an.
Raroia war für uns ein gelungener Start ins Südseeleben. Ankern vor Palmengesäumten Stränden. Lagerfeuer. Türkisblaues Meer. Windstille und sanfte Sommerabende.
Die nächste Woche verspricht das Gegenteil. Die Wetterkarten färben sich grün, dann leicht orange und schließlich sattorange. Die Böen versprechen eher noch stärker zu werden. Wir rechnen mit Wind aus SE der Stärke 7 bis 10. Die Entscheidung: Bleiben oder weiter und schnell woanders Schutz suchen? Auf den Standardrouten der Barfußsegler bleiben oder etwas neues wagen? Wir entscheiden uns, unser Buddyboat zu verlassen und Kurs NW zu setzen. 250 Seemeilen trennen uns vom nächsten Atoll. Das hätten wir deutlich einfacher haben können, aber wir wollen es wissen! Wir riskieren Motorstunden und fahren trotz leichter Winde los. Die Wetterkarten am Mittwoch sind beträchtlich entspannter als am Donnerstag und wir würden uns lieber gerne sicher am Anker wissen bevor der Wind zunimmt. Mit einer lokalen Perlenfarm haben wir bereits Kontakt und loten unsere Möglichkeiten aus. Doch jetzt heißt es erstmal: Ankommen! Und zwar schnell.
Was kann schon schief gehen?
Schon am gestrigen Tage verholen wir in die Nähe des Passes. Lassen den Anker in 20
m Tiefe fallen und die Ankerkette wie beim letzten Mal mit Floaties die der Höhe treiben, um die Korallen-Bommies zu vermeiden. Hat wohl nicht geklappt. Zumindest nicht gänzlich. Die am Grund verlaufende Ankerkette hat sich genau zwischen zwei Felsen gelegt. Bei 30
m Kette geht nichts mehr. Wir fluchen. Jonas zieht sich mal wieder seine Badehose an und springt ins Wasser. Diesmal ist die Sicht besser. Aus dem Wasser navigiert er mich aus dem Schlamassel. Mittlerweile bekomme ich die Jonny ziemlich gut auf der Stelle manövriert. In weniger als 20 Minuten können wir endlich den Anker in seiner Halterung festmachen und einen letzten Kreis um die Ocean Fellows ziehen.
Ab zum Pass. Mal sehen, was uns hier erwartet. Ich rechne mit leicht ausgehender Strömung und wenig Wind. Die Strömung macht sich schnell bemerkbar. Wir fahren parallel zum Pass bis wir in gerade Linie und große Kursänderung hinaus kommen. Anders als erwartet treffen wir einen starken Ebbstrom an. Mit 8 Knoten Fahrt und nur minimaler Motorkraft schießen wir aus dem Atoll. Ich gebe Gas um steuern zu können. Rechts sehe ich die gefährliche Brandung über dem flachen Ufer. Links von uns hat sich eine stehende Welle aufgebaut. An einer Stelle, die wir sowieso nicht hätten passieren können – zu flach. Schon aus der Ferne hatten wir gesehen, der eigentliche Pass ist frei von Wellen. Dank unserer Positionierung brauchen wir kaum Ruder und kommen gut an den Riffen vorbei und werden in die offene See gespuckt. Gespuckt ist wohl der treffenste Begriff. Groß Einfluss haben wir darauf nicht. Es ist uns eine anschauliche Darstellung, was hier passieren kann. Nicht alle Pässe verlaufen gerade. Manche können bis zu 8 Knoten Strom führen. Und manche bergen direkt hinterm Pass gefährliche Untiefen.
Doch jetzt sind wir erstmal auf See. Setzen die Segel und lassen Raroia hinter uns liegen. Ahe, wir kommen!

Zurück auf See!
Auf durch den Pass

Geschafft!
Gemütlich Schwoien wir an unserem Ankerplatz. Der Frühstückstisch ist reicher gedeckt als sonst. Frische Brötchen, Eier mit Speck – wir feiern unsere Ankunft in Ahe. Die Etappe war durchwachsen. Anfangs hatten wir sehr leichte Winde und musste Motoren, um unser Zeitfenster einzuhalten. Ab dem nächsten Morgen hatten wir dann endlich stärkere Winde als angesagt und konnten gut segeln. 260 Seemeilen trennen die beiden Atolle. Zwei Tage Überfahrt. Wieder müssen wir unsere Ankunft timen.
Wie geplant und erwartet erreichen wir die Inseln im Morgengrauen. Die Morgendämmerung ermöglicht mir einen grandiosen Ausblick auf den waldgesäumten Atollring. Mit 20 Knoten Wind erreichen wir den Pass im Norden. Wir nehmen uns die Zeit, um die Segel gut zu packen. Denn der Blick auf die Seekarte verrät – im Pass werden wir nicht nur den Strom gegen an haben, sondern auch den Wind. Und der Wind nimmt bereits merklich zu. Aus der Ferne sehen wir Wellen am Pass brechen und machen uns bereits Sorgen. Die Pässe in den Tuamotus sind für stehende Wellen bekannt. Diese können auch für Segelyachten gefährlich werden. Wir nähern uns deshalb eher gemächlich. Der Blick mit dem Fernglas lässt uns aufatmen. Es sind lediglich Wellen, die links vom Pass am Ufer brechen. Die Strömung ist aber bereits merklich zu erkennen und dann auch zu spüren. Unsere Geschwindigkeit sinkt von 4 Knoten auf 2 hinab. Wir erhöhen die Drehzahl. Doch der Strom nimmt zu. Werden wir das schaffen? Unsere Geschwindigkeit sinkt auf 1.3 Knoten herab. Trotz mehr Gas. Der Wind und der Strom erreichen ihren Höhepunkt. Doch langsam schieben wir uns durch die engste Stelle. Und dann sehen wir wieder eine 2 auf der Anzeige. Geschafft. Langsam motoren wir in das Atoll hinein. Auch hier fegt der Wind mit 20 Knoten. Ob der Ankerplatz geschützt genug ist?
Bald werden wir es erfahren. Eine knappe Stunde dauert die Fahrt bis zum kleinen Ort im Südosten des Atolls. Ein Local hat uns den Tipp gegeben, innerhalb des inneren Riffs zu ankern. Ein sehr enger Ankerplatz mit vielen Untiefen. Wir beschließen den Anker weiter draußen zu werfen und uns das erstmal anzuschauen. Mit dem Dinghi geht es also die letzten 100 m auf Expedition. Jonas im Wasser, ich im Boot mit Karte. Wir markieren die Felsen, loten und schauen uns genau an, wo wir den Anker werfen können. Am Ende entscheiden wir uns für einen Ankerplatz, legen eine Boje und düsen zurück zur Jonny. Anker hoch. Und dann im Slalom um das Riff. Jonas gibt mir die Abstände zur Boje durch. 1 m rechts davon soll der Anker fallen. Ich höre die Kette hinausrattern. Gebe rückwärts Gas und wir legen uns die Kette zwischen die Felsen. Wie mittlerweile unser Standard, tauchen wir die Kette ab und binden entsprechend unsere Perlenbojen ein. Dadurch liegt die Kette im Schiffsnahen Bereich nicht am Grund, sondern schwebt. Über die Felsen und Korallen. Wir schützen dadurch die wertvolle Natur, die wir erhalten wollen.
Durch erhöhte Rückwärtsfahrt prüfen wir den Halt der Kette und dann klingelt pünktlich der Wecker. Die Brötchen im Ofen sind fertig und der Anker hält! Angekommen im Atoll Nr. 2 – Ahe!

Gut geschützt liegen wir hinter dem Motu.

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